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Arbeiten,lernen,beisammen sein
Gelernt wurde während der Arbeit und im Unterricht, und das an den Vor- und Nachmittagen.
Im Landwerk gab es einen festen Tagesablauf: Frühsport und Morgenappell, Arbeit und schulisch organisiertes Lernen. Eine große Rolle spielte die Beschäftigung mit jüdischer Geschichte und Tradition, die Bibelkunde und das Vertrautmachen mit der unter den Juden Palästinas wieder gesprochenen hebräischen Sprache. Wer sich auf Palästina vorbereitete, der musste so neben Englisch – für viele erstmalig – auch Hebräisch erlernen. Der Abend gehörte den Gesprächen, dem gemeinsamen Singen und Sinnen, kleinen Feiern – oder einfach dem Zusammensein im Kreis der Freunde und der Gruppe.
In den ersten Jahren des Wirkens der Hachschara im Landwerk Ahrensdorf wurde in der praktischen Ausbildung faktisch alles erlernt, was in einer Kibbuz-Wirtschaft vonnöten war: Pflanzenzucht und Gemüseanbau, Bäume pflanzen und pflegen, Rinder-, Ziegen- und Schafhaltung, auch der Umgang mit Pferden und Hühnern. Es gab auch einige Werkstätten für handwerkliche Arbeiten, die vorwiegend für die Ausbildung der Jungen gedacht waren. Die Mädchen beschäftigten sich dafür mehr mit den Fragen der Versorgung einer Familie.
„Es waren unsere schönsten Jugendjahre“, schrieb Naftali R. , heute in Kfar Hamacabi lebend, über seinen dreijährigen Aufenthalt in Ahrensdorf.
„Wir lebten wie auf einer Insel in einem immer stürmischer werdenden Meer“, schreibt Ester D. aus Tel Aviv. (1936 bis 1938 in Ahrensdorf)
„In der Erinnerung waren das die schönsten zwei Jahre in Deutschland. Wir fühlten uns wie auf einer Insel, weit weg wie von all den schrecklichen Ereignissen, die sich damals in diesem Land ereigneten. Und eigentlich weiß ich bis heute nicht, wieso wir dort so schalten und walten konnten.“
Herbert G. , Leiter des Landwerks in den Jahren 1939/40 schreibt: „Ich denke an die unendlichen Ängste, an die Verzweiflung, der unsere Jungen und Mädchen dann nach 1938 auch in Ahrensdorf immer wieder erlagen.
Ich denke an die vielen Tränen, die sie des Nachts in ihre Kopfkissen vergossen.“
Und die Sorgen und Ängste der Erwachsenen, der Eltern, vom „wilden und asiatischen Palästina“ machten es den jungen Menschen sicher auch nicht leichter.
„Streng, aber ohne kleinliche Gemeinheiten kontrollierte der zuständige Löwendorfer Gendarmerie-Hauptwachtmeister regelmäßig das Lager und seine Insassen“, berichtet Hans Winter, der erste Betriebsleiter (1936 bis 1938) des Landwerkes Ahrensdorf. „Alle im Lager befindlichen Personen waren registriert und darüber musste nach einem von der Gestapo vorgegebenen System genau Buch geführt werden.“
Fast fünf Jahre lang nannten jüdische Jungen und Mädchen das Landwerk Ahrensdorf ihr Zuhause. Aus der Erinnerung vieler „ehemaliger Ahrensdorfer“ ist zu entnehmen, wie schwer es trotz aller Gemeinschaftlichkeit fiel, sich von der Familie, von den Freunden und der gewohnten Umgebung trennen zu müssen – vielleicht für immer.
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